AKTUELLER HINWEIS:
Die Ausstellungseröffnung findet am Donnerstag, 20. Februar 2025 von 17-19 Uhr in der ERSTE Stiftung, Am Belvedere 1, 1100, Wien statt
Die Heldinnen in den Bildern von Alena Grom sind reale Frauen, Bewohnerinnen des ukrainischen Dorfes Horenka im Rajon Butscha. Vor drei Jahren, im März 2022, lag das Dorf direkt an der Front und litt unter ständigem Beschuss. Laut den Vereinten Nationen wurden infolge der russischen Aggression 77 Prozent der Gebäude in Horenka zerstört. Für die Einwohner:innen waren die Ereignisse traumatisch: Häuser wurden zerstört, Nachbar:innen starben vor ihren Augen. Die Befreiung der Oblast Kyjiw ermöglichte den Wiederaufbau des Dorfes, das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde kehrte langsam zu einer gewissen Normalität zurück. Aber der Krieg ging weiter. Um sich nützlich zu machen, organisierten die Frauen von Horenka eine Gruppe von Freiwilligen, „Horenski Mavky“. Ihre rein weiblichen Mitglieder sind unterschiedlichen Alters, haben verschiedene Berufe und einen unterschiedlichen sozialen Status, es eint sie jedoch der Wunsch, gemeinsam etwas Wichtiges zu tun: Sie nähen Tarnnetze.
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Selbst der Stromausfall im Winter 2022/2023 konnte sie nicht aufhalten. Unter der ständigen Bedrohung durch Raketenangriffe stellten sie bei Kerzenlicht und in der Kälte weiterhin Tarnprodukte her. Auch heute noch produzieren die Frauen Netze, die die Farben der Natur imitieren, sowie Tarnkleidung für Scharfschützen und Späher, die die Soldaten schützen und dazu beitragen soll, Leben zu retten. Es besteht ein ständiger Bedarf an solchen Erzeugnissen, die so schnell wie möglich an die Front gebracht werden. Die Freiwilligen sind davon überzeugt, dass die mit Liebe und einem unerschütterlichen Glauben gewebten Tarnprodukte Unheil abwenden.
In Zeiten schwerer Prüfungen wenden sich die Menschen ihren Wurzeln zu, Gemeinsamkeiten, die ihre Identität seit Tausenden von Jahren prägen. Die volkstümliche Figur der Mavka ist eine der bekanntesten, meistbesungenen und häufig künstlerisch dargestellten Legenden. Als ambivalente Figur an der Grenze zwischen der Welt der Lebenden und der Toten ist die Mavka zu einem Symbol der siegreichen Weiblichkeit und glühender, aufopferungsvoller Liebe geworden.
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Die Heldinnen des Fotoprojekts zerstören nicht, sie suchen nicht nach Rache für zerstörte Häuser und Leben – sie schützen die Gegenwart und bauen in ihrem Land eine Zukunft für neue Generationen auf. Diese Zukunft muss im Krieg verteidigt werden. Mavka, eine ukrainische Frau, steht ihren Soldaten zur Seite.
Die ERSTE Stiftung verurteilt den Angriffskrieg auf die Ukraine und ihre Bevölkerung
Seit drei Jahren richten wir unsere Aufmerksamkeit verstärkt auf die Menschen in diesem Land und die von dort zu uns Geflüchteten. Wir unterstützen ukrainische Kulturschaffende, bilden Vertreter:innen von Sozialorganisationen aus der Ukraine in Wien weiter, fördern Journalismusausbildung sowie die Stärkung demokratischer Strukturen vor Ort. Wir arbeiten mit unseren Möglichkeiten an der Verbesserung der Lebensbedingungen in diesem kriegsversehrten Land. Es sind nicht zuletzt die Frauen der Ukraine, denen unsere Hochachtung gilt. Wir feiern sie – nicht nur – am 8. März, dem Weltfrauentag.
Alena Grom
Die ukrainische Künstlerin und Dokumentarfotografin Alena Grom wurde in Donezk geboren. Im April 2014 war sie aufgrund des militärischen Konflikts in der Ostukraine gezwungen, ihre Heimatstadt zu verlassen. Seit 2017 wohnt sie in Butscha, einer Stadt in der Nähe von Kyjiw. Nach dem groß angelegten Einmarsch Russlands im Februar 2022 wurden Grom und ihre Familie zum zweiten Mal zu Flüchtlingen, kehrten aber nach der Befreiung von Butscha zurück. Diese Erfahrungen haben ihr künstlerisches Schaffen nachhaltig beeinflusst. Die Fotografie war ihr Rettungsanker, der es ihr ermöglichte, sich mit der traumatischen Wirklichkeit des Krieges auseinanderzusetzen. Seit 2016 konzentriert sich Alena Grom in ihrer Arbeit auf Orte, die von militärischen Angriffen betroffen sind, und hält das Leben von Kriegsopfern, Migrant:innen und Flüchtlingen fest.
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Grom arbeitet an der Schnittstelle zwischen Sozialberichterstattung und konzeptioneller Fotografie, wobei sie ihre Themen oft direkt an der Front bearbeitet. Sie sieht ihre Aufgabe darin, das Leben von Menschen zu dokumentieren, die in Grauzonen oder inmitten militärischer Konflikte gefangen sind. Mit ihren Fotografien möchte sie die Weltgemeinschaft über die Komplexität des Lebens in Kriegszeiten und die Tragödien der Menschheit informieren. Alena Grom hat zahlreiche internationale Fotowettbewerbe gewonnen.
Die Ausstellung ist in der Fenstergalerie der ERSTE Stiftung am Erste Campus wird 24 Stunden, 7 Tage die Woche bis zum 20. März 2025 zu sehen sein.
Titelbild: Foto mit dem Titel „Roots“ von Alena Grom, Serie Mavky. Tarnung, 2024.