Kontakt Sammlung

Die Kunstsammlung der Erste Group und ERSTE Stiftung

Haben Sie das gewusst?

„Kontakt“ wird auf Deutsch, Tschechisch und Slowakisch gleich geschrieben und bedeutet auch dasselbe. Der slowakischen Künstler Július Koller verwendete das Wort ab Ende der 1960er Jahre in seinen Anti-Happenings. Er hinterließ eines der markantesten Werke der Konzeptkunst auf dem Gebiet der ehemaligen Tschechoslowakei. Gleichzeitig nutzte der tschechische Künstler Jiří Kovanda den Begriff „Kontakt“, um auf die gestörte Kommunikation zwischen Kunst und Öffentlichkeit einerseits sowie zwischen dem kommunistischen Block und der westlichen Welt andererseits hinzuweisen. Wichtige Strömungen in den Kunstszenen dieser Zeit, den 1960er Jahren, suchten nach neuen Herangehensweisen und Ausdrucksformen. Sie reflektierten modernistische Strukturen, definierten Material im Raum auf neue Weise, stellten Fragen zum Verhältnis von Politik und Öffentlichkeit. Der Körper rückte ins Zentrum von Performances und wurde Subjekt von Diskursen über Emanzipation und Genderthemen. In den frühen 1990er Jahren tendierte man in Westeuropa dazu, die Kunst aus dem nunmehr ehemaligen Osteuropa pauschal entweder als Staatskunst oder Dissidentenkunst in die jeweilige Ecke zu stellen. Der Dialog mit und über KünstlerInnen aus den postsozialistischen Ländern kam nur schleppend in Gang. In Osteuropa selbst war und ist das Interesse an der Gegenwartskunst gering. Erst seit einige osteuropäische Regierungen Kulturpolitik als Werkzeug zur Festigung der nationalen Identität wiederentdeckt haben, ist sie wieder in den Fokus gerückt und sogar Ziel von populistischen Angriffen geworden.

Julius Koller_Antihappening_1965_card with green stamp copy

Was kann man da tun?

Zeitgenössische Kunst ist heute Teil des gesellschaftlichen Diskurses in Opposition zu autoritären Tendenzen. Bereits im Jahr 2004 hat die Erste Group einen unabhängigen Verein gegründet, um jene mittel- und osteuropäischen KünstlerInnen zu sammeln und zu unterstützen, die die sozialen und politischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte begleitet haben und seit den 1960er Jahren bedeutende Werke zur europäischen Kunst beitrugen. Derzeit sind 127 KünstlerInnen und Künstlergruppen aus 18 Ländern in der Sammlung vertreten. Als Hommage und in Anlehnung an das Werk des slowakischen Künstlers Július Koller heißt diese Institution Kontakt. Sie steht für ein neues Sammlungs-, Forschungs- und Ausstellungsformat, das sich den künstlerischen Entwicklungen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa widmet, die in der jüngsten Kunstgeschichte sowie im öffentlichen Bewusstsein immer noch wenig verankert sind. Kontakt unterhält kein eigenes Museums, sondern steht als nomadische Sammlung als Ganzes oder in Teilen für Ausstellungshäuser weltweit zur Verfügung und unterstützt so auch oftmals unzureichend ausgestattete öffentliche Institutionen für zeitgenössische Kunst. Kontakt produziert, fördert und initiiert wissenschaftliche Publikationen und Kataloge, pflegt und dokumentiert KünstlerInnenarchive. Durch methodisches Sammeln, professionelle Restaurierung und Konservierung werden ein kulturelles Erbe gesichert und die in der Sammlung vertretenen KünstlerInnen erforscht. Kontakt ist die umfassendste Sammlung der Kunstproduktion aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa, die die aktuellen Diskurse über Kunst und kritische Theorie berücksichtigt.

Warum machen wir das?

Kontakt sammelt Werke, die eine wesentliche Rolle in der europäischen Kunstgeschichte spielen und gleichzeitig eine außergewöhnliche Stellung in der politisch heterogenen Region Mittel-, Ost- und Südosteuropa einnehmen. Viele der KünstlerInnen, mit denen Kontakt zusammenarbeitet, um ihr künstlerisches Erbe zu sichern und zu dokumentieren, erfahren in ihren Herkunftsländern wie auch international zu wenig Beachtung. Kontakt stellt sicher, dass zukünftige Generationen mit den archivierten Materialen weiterarbeiten können und wichtige künstlerische Positionen nicht aus dem Kanon verschwinden. Ziel ist es, die Kunst der ehemals sozialistischen Länder in einen internationalen Kunstkontext zu stellen. Mit der Unterstützung von Monographien von bedeutenden KünstlerInnen der Sammlung, deren Werke bisher nicht umfassend veröffentlicht wurden, schließt Kontakt zum Beispiel die Lücken, die in Bezug auf die Sichtbarkeit der Kunstproduktion aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa immer noch existieren. Diese wichtigen kulturellen Dokumente sind Zeugnisse einer Ära, die jahrzehntelange Unterdrückung und einen enormen Wandel erlebte. Sie fordern uns auf über Gesellschaft neu nachzudenken. Kunst und der diskursive Prozess der Kunstproduktion kann uns dabei helfen, uns ein neues Bild von Europa und der Welt zu machen, jenseits von Kategorien wie West und Ost oder Zentrum und Peripherie.

„Engagieren statt arrangieren‘ lautete das Credo von Július Koller in den 60er-Jahren. Heute fragen wir uns erneut, wie wir die Kunst und ihre Stellung in unserer Gesellschaft erneuern können.“

Ziel ist es, die Kunst der ehemals sozialistischen Länder in einen internationalen Kunstkontext zu stellen. Mit der Unterstützung von Monographien von bedeutenden KünstlerInnen der Sammlung, deren Werke bisher nicht umfassend veröffentlicht wurden, schließt Kontakt zum Beispiel die Lücken, die in Bezug auf die Sichtbarkeit der Kunstproduktion aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa immer noch existieren. Diese wichtigen kulturellen Dokumente sind Zeugnisse einer Ära, die jahrzehntelange Unterdrückung und einen enormen Wandel erlebte. Sie fordern uns auf über Gesellschaft neu nachzudenken. Kunst und der diskursive Prozess der Kunstproduktion kann uns dabei helfen, uns ein neues Bild von Europa und der Welt zu machen, jenseits von Kategorien wie West und Ost oder Zentrum und Peripherie.

Header Bild: Collective Exhibition for a Single Body – The Private Score – Vienna 2019. 19.–28. Juni 2019, Performance in der Lidl-Filiale Wiedner Hauptstraße. Foto: Oliver Ottenschläger

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Florian Bauer

Direktor Social Finance, Nachhaltigkeit und Innovation
Florian Bauer zeichnet seit 2023 für die Bereiche Social Finance, Nachhaltigkeit und soziale Innovation in der ERSTE Stiftung verantwortlich. Davor war er über 13 Jahre lang im Bereich NGO & Social Entrepreneurship tätig. Florian leitete die Partnerschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz REEEP, eine internationale multilaterale NGO, die den verstärkten marktbasierten Einsatz erneuerbarer Energien und effizientere Energienutzung in Entwicklungsländern zum Ziel hat, und war Managing Director & COO des Impact Hub Vienna.   Von 2020-2023 schloss Florian für die Semantic Web Company (SWC), einem führenden Anbieter von semantischen KI-Lösungen, strategische Allianzen mit wichtigen Partnern und unterstützte die Entwicklung innovativer Anwendungen semantischer Technologien.
Stroke 240 + Stroke 241Created with Sketch.