Europa sucht angesichts der gegenwärtigen tektonischen Verschiebungen der Geopolitik seinen Platz. Dabei sind zahlreiche Dynamiken im Spiel. In einer Reihe von Mitgliedsstaaten ist die Demokratie rückläufig, ebenso die Lebenszeichen der Union wie die Erweiterung. Die Rechtsstaatlichkeit innerhalb der Europäischen Union wird weiterhin von einer Vielzahl interner und externer Kräfte bedroht. Ein Gefühl der Ohnmacht und Entmündigung lässt viele nach vereinfachenden und illusionären Lösungen suchen, die nationalistisch-populistische Parteien und identitäre Bewegungen nur allzu gerne anbieten. Diese sind entschlossen, Hass gegen alles zu schüren, das als „fremd“ gegenüber einer „authentisch“ empfundenen Heimatkultur angesehen wird. Eine Mehrheit glaubt jedoch immer noch, dass das auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten basierende liberale demokratische Modell trotz all seiner Schwächen nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt hat und es wert ist, aufrechterhalten zu werden und dafür zu kämpfen. Die EU wird sich sehr anstrengen müssen, das zu erhalten, was seit dem Frieden nach 1945 mühsam aufgebaut und kultiviert wurde.
“Die existentielle Angst um das Überleben der Gemeinschaft war der entscheidende Faktor für den prekären Status der Demokratie. (…)Dieser Schock bringt das abscheulichste Monster der modernen politischen Entwicklung Europas hervor: den antidemokratischen Nationalismus.”
István Bibó, ungarischer Historiker, über Mittel- und Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg
Demokratie ist eine zerbrechliche Ordnung, die es tagtäglich durch bürgerschaftliches Engagement auf allen Ebenen der Gesellschaft und in allen heimischen und europäischen Institutionen zu pflegen gilt. Entscheidend ist, dass die Institutionen erhalten bleiben und funktionieren und viel stärker auf die Beschwerden der BürgerInnen eingehen. In einer sich schnell verändernden Welt ist es die Aufgabe Europas, die Botschaften der Aufklärung – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte – hinauszutragen in eine Welt, in der der öffentliche Raum allen zur Verfügung steht. Im Jahr 2018 haben wir Europe’s Futures initiiert, ein Netzwerk einiger der führenden österreichischen und europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft mit namhaften AkademikerInnen, AktivistInnen und JournalistInnen, die als Fellows unter der Schirmherrschaft der führenden Intellektuellen des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (IWM), Ivan Vejvoda und Ivan Krastev, tätig sind. Wir erforschen Prozesse, die Illiberalismus, Nationalismus und Populismus vorantreiben. Wir suchen nach innovativen Antworten auf die großen Herausforderungen, denen sich die Europäische Union im Hinblick auf Rechtsstaatlichkeit und Migration gegenübersieht. Wir setzen uns für eine besser funktionierende und erweiterte Europäische Union ein.
Mit dem Ziel, neue Perspektiven für ein wiedererstarktes, vereintes und demokratisches Europa zu schaffen und zu fördern, bringen wir Menschen mit Ideen zusammen und unterstützen sie. Wir beziehen liberal- demokratische Stimmen aus Mittel-, Ost- und Südosteuropa in eine hochrangige, akademische, gesellschaftliche und politische Debatte über die Zukunft der Europäischen Union ein und machen Wien zu einem besonderen Ort der Begegnung. Dieses Bemühen basiert auf eingehender Forschung, konkreten Maßnahmenvorschlägen und Begegnungen mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen AkteurInnen, der Öffentlichkeit und den Medien.
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